Eine japanische Stichlingsunterart hat sich durch die Entwicklung eines neuen Geschlechtschromosomensystems von einer anderen Unterart abgespaltet.
Dieser bei verschiedenen Tierarten bekannte Mechanismus der Artbildung könne hier in einem frühen Stadium beobachtet werden, erklären japanische Wissenschaftler.
Die Männchen dieser Tiere haben ein Chromosom weniger als ihre Artgenossen, denn bei ihnen fusionieren kurzerhand zwei Chromosomen während der Zellteilung. Dieser ungewöhnliche Chromosomensatz verhindert die erfolgreiche Paarung von Vertretern der beiden Unterarten miteinander und trennt die beiden so voneinander. Von verschiedenen Tierarten sind bereits unterschiedliche Systeme von Geschlechtschromosomen bekannt, aber bei den Stichlingen hat sich dieses System erst in den vergangenen 1,5 bis 2 Millionen Jahren entwickelt. Das berichten Jun Kitano von der Tohuku-Universität in Sendai und seine Kollegen im Fachjournal „Nature“ (doi: 10.1038/nature08441).
Genetische Unterschiede der Unterarten
Die Forscher verglichen Stichlingspopulationen miteinander, die seit knapp zwei Millionen Jahren durch die japanischen Inseln voneinander getrennt sind. Die eine Unterart lebt nun im Japanischen Meer zwischen Japan, Korea und Russland, während sich die zweite vornehmlich im Pazifik aufhält. Im Gegensatz zu den Stichlingen aus dem Pazifik hat sich bei den Fischen aus dem Japanischen Meer durch die Fusion zweier Chromosomen ein sogenanntes Neo-Geschlechtschromosom gebildet.
Die beiden Unterarten unterscheiden sich also genetisch voneinander. Sie können sich zwar trotzdem gemeinsam fortpflanzen, neben den genetischen Hindernissen verhindern jedoch noch weitere Mechanismen Begegnungen zwischen den beiden Linien. Die meiste Zeit über sind sie durch das japanische Festland getrennt, aber als sogenannte anadrome Fische schwimmen sie jedes Jahr dieselben Flüsse hinauf, um zu laichen. Dort treffen sie aufeinander, paaren sich aber meist nicht miteinander: Die pazifischen Weibchen zeigen kein Interesse an den Männchen aus dem Japanischen Meer. Umgekehrt haben Weibchen aus dem Japanischen Meer wohl nichts gegen die pazifischen Männchen einzuwenden, aber Nachkommen aus solchen Kreuzungen sind steril.