Kurze Entwicklungsgeschichte des Lebens von Alfred K. Schuster


big__Der-Urspung-des-Lebens-Review-04Die gesamte Erdgeschichte von der Entstehung der Erde bis heute umfaßt einen Zeitraum von 4,5 bis 5 Milliarden Jahren. Die ältesten geologischen Erkenntnisse finden wir im Alten Testament (Bibel) bei Zacharias, der von einem Erdbeben berichtet, während dessen in der Nähe von Jerusalem Steine versetzt wurden.

Viel jünger sind die ersten Versuche einer zeitlichen Gliederung der Erdgeschichte, die zu Beginn des 19. Jh. einsetzte, als die Rolle der Leitfossilien1 nicht mehr zur Debatte stand. Von dem Zeitpunkt an wird die geo­logische Entwicklungsgeschichte unseres Planeten nach der zeitlichen Abfolge ver­schiedener Lebewesen in einzelne Abschnitte, Erdzeitalter, gegliedert, beginnend mit den ersten Lebenszeichen vor fast vier Milliarden Jahren bis heute. Das heißt, unsere Sicht der Erdgeschichte beruht weitgehend auf der Entwicklungsgeschichte des Lebens. Die ungeheure Zeitspanne von fünf Milliarden Jahren ist für uns Menschen völlig unvorstellbar. Um dieses ein wenig anschaulicher zu gestalten, sollten wir im Buch der Erdgeschichte blättern. In ihm ist die Zeit von der Entstehung der Erde bis heute durch Buchseiten repräsentiert, wobei eine Seite eine Million Jahre umfaßt. Die einzelnen Erdzeitalter sind als Buchbände übereinander gestapelt. Dabei wird deutlich, wie kurz im Verhältnis zur gesamten Erdgeschichte die Zeit seit Beginn des Paläozoikums ist, seitdem Fossilien in großer Fülle in den Schichtgesteinen erhalten und überliefert sind. Unglaublich kurz ist die Zeit seit dem Auftreten des Menschen. In unserem “Buch der Erdgeschichte” tritt dieser erst auf der letzten Seite des letzten Bandes auf.

Präkambrium (mit den Erdzeitaltern Archaikum und Proterozoikum, vor etwa 4500 – 545 Mill. Jahren)

Nachdem die Erde durch Zusammenballung kosmischen Staubs ein Planet der Sonne wurde, führte die Abkühlung allmählich zur Bildung der Urozeane, einer ersten festen Erd­kruste und einer ersten, an Sauerstoff armen oder gar freien Atmosphäre. Diese war den Entgasungsprodukten der heutigen Vulkane wahrscheinlich ähnlich, doch Genaues darüber ist noch nicht bekannt. Im Meer entwickelten sich vor etwa 3,8 Milliarden Jahren erste zellkernlose, einzellige Organismen, Bakterien und Blaubakterien auch Blaualgen genannt. Diesen folgten verschiedene Algenformen, darunter Stromatolithe , die als ältes­te Fos­silien gelten. Danach entwickelten sich die ersten hartteillosen Tiere und weitere einzellige Pflanzen. Wesentlich jünger, nur etwa 600 Millionen Jahre alt, sind die Steinkerne und Abdrücke von nicht sicher gruppierbaren, medusenähnlichen Lebewesen, die erstmals in Australien entdeckt wurden und mittlerweile von allen Kontinenten bekannt sind. So alte Reste sind in den bewahrenden Gesteinen oft nur schwer zu erkennen und nicht selten können wir uns erst nach einer aufwendign Präparation und Rekonstruktion dieser Funde ein Bild von ihrem Aussehen und ihrer Lebensweise machen.

Erdaltertum (mit den Erdzeitaltern Kambrium, Ordovizium, SiluriumDevonKarbon und Perm, vor etwa 545 bis 250 Millionen Jahren)

Mit Beginn des Erdaltertums setzt eine Vielfalt von Leben ein. Die Tierwelt bringt erstmals eine Fülle von Formen mit Hartteilen hervor, Gehäuse, Schalen, Innen- und Außen-Skeletten, von denen ein Teil bis heute in Form von Fossilien erhalten ist. In dieser Zeit liegen praktisch die Wurzeln aller Pflanzen- und Tierstämme, die jemals auf der Erde gelebt haben oder heute leben. Im Kambrium treten vor allemTrilobiten, und hornschalige Brachiopoden (Armfüßer) auf, die ausschließlich im Erdaltertum lebten. Fossilfunde belegen, dass neben Trilobiten und Brachiopoden auch andere Tiergruppen wie Kopffüßer (Volborthela) und Archaeocyathiden sich in den kambrischen Meeren vielfältig entwickelt haben. Nur eines gab es im Kambrium nicht: Leben auf dem Festland.

Vom Ordovizium an beleben kalkschalige Brachiopoden und unterschiedliche Weich­tiergruppen, vor allem Kopffüßer, aber auch Schnecken und Muscheln die Flachmeere. Seelilien und andere Stachelhäuter sowie riffbildende Organismen, z. B. die Runzelkorallen und schwammähnliche Tiere, gesellen sich dazu. In den stillen Tiefen der ordovizischen Meere treten Graptolithen auf (Link), die im Silur ihre höchste Entwicklungsstufe erreichen, und danach für immer verschwinden. Die erhaltenen, weit verbreiteten fossilen Abdrücke dieser in Kolonien lebenden Tierchen erwecken Assoziationen zu keilförmigen Schriftzeichen aus der Frühzeit der menschlichen Historie. Mit dem ausklingenden Silurium fielen durch den Rückgang der Weltmeere weite Gebiete trocken. Das führte zu neuen, veränderten Lebensbedingungen, denen sich einige Pflanzen- und Tiergruppen anpassten. Einige von ihnen verließen den aquatischen Lebensraum und leiteten die Besiedlung des Festlandes ein. Es waren vor allem Moose, denen es gelang, ihre Wurzeln im feuchten Boden zu verankern und ihre Blätter über der Wasseroberfläche flacher Tümpel dem Sonnenlicht entgegenzustrecken. In diesen Biotopen fand Photosynthese erstmals auch in aerischem Milieu statt. Im feucht – nassen Untergrund fanden Sporen und Samen Halt und günstige Bedingungen, um zu keimen, damit neues Leben entstehen kann. Dieser einmalige Vorgang in der Entwicklungsgeschichte des Lebens hielt Millionen Jahre an und war kennzeichnend für die Devon-Zeit, aus der neben zahlreichen echten Landpflanzen auch ersteInsekten und Amphibien bekannt sind.

Die Entwicklung der Tierwelt, vor allem jedoch der Landpflanzen, ging rasant weiter, und im Karbon bedeckten üppige Wälder aus Bärlapp-, Schachtelhalm- und Farngewächsen sowie Farnsamern die Kontinente. In den Wäldern lebten meterlange, schwer gepanzerte Urahnen aller Reptilien und viele der größten bekannten Gliederfüßer, wie Spinnentiere und erste geflügelte Insekten, deren Größen in späteren Zeiten nie wieder erreicht wurde. Reste dieser Wälder sind auf allen Kontinenten bis heute erhalten und zwar als Kohlenflöze, wie wir sie aus dem Ruhrgebiet kennen, wo sie als Steinkohle abgebaut werden. Während des Perms setzte ein allmählicher Klimawechsel ein. Das vorherrschende feuchttropische Klima des Karbons ging in ein zunehmend heiß – trockeneres über. Das führte nicht nur zur Entwicklung unterschiedlicher Nadelbäume und Reptilien, sondern auch zu deren weltweiter Verbreitung, aber auch zum Untergang der riesigen Schachtelhalm- und Baumfarn-Wälder. Im oberen Perm entwickelten sich auf der nördlichen Halbkugel, vor allem in den Randgebieten der Kontinente, Eindampfungsbecken, in denen sich Kalksteine, Gips und riesige Salzformationen ablagerten, darunter auch die Salzlagerstätten Mitteleuropas, die sich aus dem Elsass (Frankreich) über Nord- und Mitteldeutschland bis Polen und die Ukraine erstrecken.

Erdmittelalter (mit den Erdzeitaltern TriasJura und Kreide, vor etwa 250 bis 67 Millionen Jahren)

Den permischen Klimawechsel überlebten nur wenige Arten der paläozoischen Pflanzen- und Tierwelt. Viele verloren an Bedeutung und einige passten sich den neuen Bedingungen an, entwickelten neue Lebensweisen und Formen, die zur Basis der mesozoischen Lebenswelt wurden.

Diese hat nun einen ganz anderen Aspekt. Korallen und verschiedene echte Schwämme bauen Riffe auf, die, verglichen mit denen des Paläozoikums, moderne Lebensge­meinschaften sind. Im Weltmeer herrschen Weichtiere vor. Kopffüßer, Ammoniten, Belemniten, Muscheln und Schnecken entwickeln sich zu den wichtigsten Bewohnern der Meere. Dazu gesellen sich Seeigel und Knochenfische, aber auch zahlreiche im Wasser lebende Reptilien, darunter der Plesiosaurier, der Ichthyosaurier und der Mosasaurier. Bei den Wirbeltieren überwiegen bei weitem die Reptilien, darunter die größten bekannten Landbewohner, die riesigen Dinosaurier. Die ersten Flugsaurier erobern den Luftraum, müssen diesen jedoch sehr bald, ab dem Ober-Jura, mit den ersten Vögeln, darunter dem Archaeopteryx, teilen. In dieser Zeit entwickeln sich die ersten, meist winzig kleinen Säugetiere, die zusammen mit den Dinosauriern die Kontinente bevölkern, deren Blütezeit jedoch erst nach dem Aussterben der Saurier, im Tertiär, einsetzt. Auf dem Festland übernehmen Nadelbäume und Palmfarngewächse die Vorherrschaft in den Wäldern und bedecken riesige Areale, bis ihr Untergang in der mittleren Kreide einsetzte.

Erdneuzeit (mit den Erdzeitaltern Tertiär, vor etwa 67 bis 2,3 Millionen Jahren und Quartär, seit etwa 2,3 Millionen Jahre bis heute)

Nach dem Aussterben der Ammoniten und Belemniten sowie zahlreicher Reptilien – Gruppen, einschließlich aller Dinosaurier, beginnt ein neuer Abschnitt in der Ent­wicklungsgeschichte des Lebens. Moderne Pflanzen, die sogenannten bedecktsamigen Blütenpflanzen, erobern die Kontinente. Blumen, Gräser und Laubbäume herrschen vor. Die ebenso neuzeitlich anmutende Tierwelt der Meere und des Festlands unterscheidet sich zum Teil wesentlich von ihren Vorfahren, die ähnlich, wie gegen Ende des Perms in der ausklingenden Kreide – Zeit, fast vollständig auf dem Planeten Erde ausgestorben sind. Doch erstaunlich schnell entwickeln sich neuen Lebensformen. Schnecken, Muscheln, Knochenfische bevölkern Meere und Ozeane, und auf dem Festland herrschen nun Säugetiere, Vögel und Insekten. Süßwasserfische bevölkern Flüsse und Seen. Aus den wenigen Kleinstsäugern, die die Katastrophe an der Grenze Kreide / Tertiär, vor ca. 67 Millionen Jahren, überlebt haben, entwickelt sich ein unvorstellbarer Artenreichtum an Landtieren, die Junge gebären und aufziehen. Diese erreichen im Tertiär ihre Blütezeit. Doch viele Millionen Jahre vor der pleistozänen Eiszeit setzt ihr massives Verschwinden ein und heute sind die meisten Gruppen im Niedergang begriffen. Viele davon sind schon ausgestorben und viele werden in naher oder weiter Zukunft folgen, vor allem diejenigen, die es zu einer hohen Spezialisierung im Überlebenskampf gebracht haben. “Anpasser” und “Alleskönner” hingegen haben große Chancen, sich auch weiterhin viele Millionen Jahre fortzupflanzen, und sich zu neuen Arten weiterzuentwickeln.

Zu Beginn des Quartärs, und zwar in dessen älterem Abschnitt, dem Eiszeitalter, tritt ein neues Lebewesen auf die Bildfläche, der Urahn des Homo sapiens. Dieser wird recht schnell zum heutigen Menschen, und der bevölkert, dank seiner Entwicklung zum aufrecht gehenden, arbeitenden, denkenden, lernenden und lehrenden Geschöpf, in wenigen hunderttausend Jahren den ganzen Erdball.

C. Brauckmann, E. Gröning, A. K. Schuster

1 Die Reste von Tieren und Pflanzen, die jeweils einen bestimmten erdgeschichtlichen Zeitabschnitt kennzeichnen, werden Leitfossilien genannt.

Geomuseum TU Clausthal

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